Ein Blutbad wie kein anderes: Evil Dead Rise ist der Horrorfilm des Jahres (2024)

Meinung | Selten kam unser Redakteur Michael Hille so angsterfüllt und durchgeschüttelt aus dem Kino wie nach "Evil Dead Rise". Der neue Film der Kultreihe lässt die Teufel wieder tanzen, bricht mehrere Tabus und dürfte zu den verstörendsten Horrorfilmen aller Zeiten zählen.

Unter Filmliebhabern hat die Horrorreihe "Evil Dead" einen ganz besonderen Status. Das Original "Tanz der Teufel" von 1981 entwickelte sich als Spartenfilm in Autokinos zum Kult – nicht zuletzt, da der damals noch unbekannte Filmemacher Sam Raimi den Schocker über ein paar Teenies in einer Blockhütte im Wald, die durch ein verfluchtes Buch von Dämonen heimgesucht werden, nicht nur für damalige Verhältnisse sehr blutig inszenierte, sondern auch einen spürbaren pechschwarzen Humor einfließen ließ. In den Fortsetzungen drehte er diesen noch weiter auf: "Tanz der Teufel 2" mixt Splatterkino mit Slapstick-Humor, der dritte Teil "Armee der Finsternis" ließ das Horrorgenre dann hinter sich und wurde zu einem überdreht-albernen, aber glorreichen Fantasyepos.

Wer in einen "Evil Dead"-Film geht, der weiß nicht, was ihn erwartet. Nach Sam Raimis Trilogie kam 2013 eine Neuverfilmung des Originals ins Kino, und diese dürfte bis heute einer der brutalsten Filme aller Zeiten sein, der in Deutschland nur extrem stark zensiert veröffentlicht wurde. "Evil Dead" kann also alles sein: verstörender Horror, brutaler Splatter, Slapstick-Geblödel oder Grenzen sprengendes Ekelkino. In welche Kategorie aber fällt der fünfte und neueste Teil der Reihe "Evil Dead Rise"? Und: Sollte man sich den Film ansehen?

Für Neueinsteiger: "Evil Dead Rise" schockt ohne Vorkenntnisse

Ein Blutbad wie kein anderes: Evil Dead Rise ist der Horrorfilm des Jahres (1)

Es mag sich bei "Evil Dead Rise" um den fünften Teil einer Kultreihe handeln, Vorkenntnisse sind aber keine nötig. Es tauchen keine Figuren aus den Vorgängern auf und von wenigen verbalen Anspielungen auf frühere Kultmomente abgesehen steht der Film des noch jungen Filmemachers Lee Cronin ("The Hole in the Ground") auf eigenen Beinen. Der Plot ist schnell erklärt: In einem baufälligen Gebäude in Los Angeles lebt die alleinerziehende Ellie ("Vikings"-Star Alyssa Sutherland) mit ihren Kindern Danny (Morgan Davies), Bridget (Gabrielle Echols) und Kassie (Nell Fisher) in einer kleinen Mietwohnung.

Durch ein Erdbeben öffnet sich unter dem Gebäude ein Erdloch und die Kinder stoßen zufällig darin auf alte Schallplatten und das sogenannte "Buch der Toten". Kurz darauf wird ein Dämon heraufbeschworen, der von Ellie Besitz ergreift und sie dazu bringt, ihre eigenen Kinder zu attackieren. Zum Glück ist gerade Ellies Schwester, die schwangere Beth (Lily Sullivan) zu Besuch, die jetzt versucht, die Kinder mit aller Macht zu beschützen. Doch der Dämon treibt Ellie zu immer krasseren und gewalttätigeren Aktionen. Und wer andere "Evil Dead"-Filme bereits kennt, der weiß: In allerletzter Not hilft nur noch der Griff zur Kettensäge.

"Evil Dead Rise" beweist: So kreativ kann Horror sein

Statt einer Blockhütte im Wald ist es also dieses Mal ein schäbiges Appartement, in dem die Teufel tanzen. Ansonsten bleibt "Evil Dead Rise" seinen Vorgängern treu. Schnell kommt Lee Cronin auf den Punkt und beginnt den Dämonenbudenzauber – zur Freude aller Horrorfans, denn Alyssa Sutherland ist in der Gestalt der besessenen Mutter, die ihren eigenen Kindern ans Leder will, eine Sensation. Cronin inszeniert sie effektiv als Urgewalt des Bösen. Generell erweist sich der Ire als perfekter Nachfolger von Sam Raimi: Mit großer Freude am Morbiden und am Entsetzen seines Publiku*ms baut Cronin in dem vergleichsweise engen Schauplatz Szenen, die einem das Blut in den Adern gefrieren lassen.

Verletzt und getötet wird im Verlauf der 97 Minuten nicht nur mit der Kettensäge und der Schrotflinte, die zu "Evil Dead" einfach dazu gehören, sondern auch unter anderem mit einer Tätowiernadel, Glasscherben, einem Industriehäcksler und – besonders fies – einer Küchenreibe. Schon jetzt vielleicht der eindrucksvollste Kino-Moment 2023 dürfte allerdings eine atemberaubende Szene sein, die auf dem Flur des Gebäudes spielt und ausschließlich durch das Guckloch einer Wohnungstür gefilmt wird. So kreativ wie in "Evil Dead Rise" hat lange kein Horrorfilm mehr seine Kamera eingesetzt.

"Evil Dead Rise" ignoriert ungeschriebenes Horror-Gesetz

Wer aber "nur" Lust auf einen Film voller toller Schockmomente hat, sollte sich das mit der Kinokarte für "Evil Dead Rise" nochmal überlegen. Die Reihe zeichnete sich stets dafür aus, nicht einfach nur blutig zu sein, sondern auch Tabus zu brechen und Grenzen zu überschreiten. Der neue Teil erreicht das gleich mehrfach, was bedeutet: In "Evil Dead Rise" kommt es zu teils unerträglich explizit gezeigten Gewaltspitzen wie brutalste Verstümmelungen – und diese richten sich nahezu ausschließlich gegen eine schwangere Frau und minderjährige Kinder; also genau die Personengruppen, die in Horrorfilmen sonst als einzige meist verschont werden.

Sicher: Horrorfilme der extremeren Sorte zeichnen sich durch ihre lustvolle Zelebrierung des körperlichen Grauens aus, doch "Evil Dead Rise" überspannt mehrfach gezielt und rücksichtslos die Grenzen des guten Geschmacks. Man kann das angewidert zur Kenntnis nehmen und den Film dafür verurteilen. Aber die Effektivität und Kompromisslosigkeit, mit der Cronin vorgeht, muss auch bewundert werden. Zudem leistet er mehr als pure Provokation: Er zeigt auf, dass es selbst im Horror-Genre, dessen Absicht es natürlich sein soll, Unbehagen zu erzeugen, mittlerweile Komfort-Zonen gibt, in denen Horrorfilm-Vielgucker es sich gemütlich machen können – und dann bricht er diese gewalttätig auf.

Albtraum ohne Erwachen: "Evil Dead Rise" lässt einen nicht los

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Dass es hier also einer Familie an den Kragen geht, eine Mutter selbst ihren Kindern (wenn auch durch einen Dämonen ferngesteuert) Unbeschreibliches antut, ist ungemein verstörend. Gleichzeitig ist "Evil Dead Rise" aber ein traditionsbewusster "Evil Dead"-Film – und damit anders als das überzogen grimmige 2013er Remake von Fede Alvarez nicht nur düster und niederschmetternd. 6.500 Liter Kunstblut sollen bei den Dreharbeiten verwendet worden sein, und vor allem im großen Finale eskaliert der atemlose 97-minütige Horrortrip in ein astreines Splatter-Fest, das jene pechschwarze Ironie atmet, die einst Sam Raimis Originalfilme so besonders machte.

Bei all dem könnte man fast übersehen, dass Cronin zwischen den vielen Schockmomenten auch etwas erzählen will – vom Muttersein nämlich und all den Verantwortungen, die damit einhergehen. Der Kampf zweier Mütter um das Wohl der Kinder ist nicht bloß ein Aufhänger, es reflektiert auch darüber, welche Rollen Frauen im Horror-Genre normalerweise einnehmen und jongliert zeitgemäß mit Stereotypen und Klischees. So findet sich zum ersten Mal eine tatsächlich klug gestaltete tiefere Ebene in einem Teil der Reihe – wenngleich die meisten Zuschauer natürlich dafür im Kino sitzen werden, um im durchgeknallt-effektgeladenen Schlussteil noch ein paar Hekto- und Dekaliter mehr Blut vergossen zu sehen.

Man könnte "Evil Dead Rise" daher vorwerfen, zu viel auf einmal zu wollen. Doch diese spezielle Filmreihe hat schon immer rigoros alles in einen Topf geworfen: Psychohorror, Splatter, Klamauk, Fantasy und jetzt eben auch Charakterdrama. Zwischen den Stühlen tanzt es sich für die Teufel wohl am besten.

"Evil Dead Rise" ist seit dem 27. April in den deutschen Kinos zu sehen.

Ein Blutbad wie kein anderes: Evil Dead Rise ist der Horrorfilm des Jahres (2024)

FAQs

Was Evil Dead Rise a success? ›

The success of Lee Cronin's Evil Dead Rise, which grossed $147 million against its $15-19 million budget, has now spawned not one, but two announced spin-off movies. Per Deadline, Francis Galluppi is set to direct and came to Sam Raimi and co. with an original idea that he developed himself.

Does Evil Dead Rise connect to the other movies? ›

It's in the third movie, Army of Darkness, that the appearance of the Necronomicon provides a link that explains how both Evil Dead Rise and 2013's Evil Dead – neither of which are direct sequels to the first three movies – could share the same demonic universe.

Should I watch Evil Dead Rise? ›

This is one of the best horror films I've seen over the past few years and the best attempt yet to resurrect a dead horror franchise. This is a gory horror film, it's rated 18 for a reason, so be aware hat it likely won't be for you if you're squeamish.

Why isn t Ash in Evil Dead Rise? ›

The actor explained, "I'm done playing Ash, so that determines a lot of where we go with the franchise without that character, but there are more stories." However, Evil Dead Rise was a phenomenal success, making almost $150 million worldwide (via Box Office Mojo), despite having a budget of just $15 million.

How historically accurate is the rise of evil? ›

Historically inaccurate but worth the watch. Whilst Hitler Rise of Evil may be historically inaccurate it is a riveting docudrama. Peter Stormare does a good job as Hitler but his portrayal is somewhat cartoon like. I don't blame him as I suppose they had to be careful as to not show Hitler in any sort of good light.

Was Evil Dead 2 a success? ›

Box office. Evil Dead II opened on March 13, 1987, to an unimpressive weekend gross of $807,260, due to its limited release in 310 theaters at the time. However, after spending a little over a month in theaters, it ultimately grossed $5,924,421 worldwide.

Was Evil Dead Rise a good movie? ›

Evil Dead Rise is sleekly modern, emotionally gripping, and absolutely brutal, gory and appalling, but still fun.

How bad is the gore in Evil Dead Rise? ›

Characters are stabbed, slashed, scalped and bitten by demonic forces. There is a scene with an elevator loaded with blood explodes. Extremely bloody, gory and terrifying.

Do I need to watch Other Evil Dead before Evil Dead Rise? ›

In terms of what you should watch before Evil Dead Rise, though, there isn't any hard and fast rule in terms of chronology or continuity. The latest film is meant to simply be another story within the world of Evil Dead, but doesn't necessarily call upon the events of previous installments to build on its narrative.

What's the difference between Evil Dead and Evil Dead Rise? ›

Evil Dead Rise changes that a little bit. Instead of the main character, Beth, going away with her friends, she visits her sister, Ellie, and Ellie's kids in their run-down apartment building. It's not a massive shift, but Evil Dead Rise focuses more on the family dynamics than the buddy-buddy aspects.

Why is Ash alive in Evil Dead 2? ›

Evil Dead II (1987)

In an alternate recap of the previous film, only Ash and Linda are shown on the trip to the cabin. Picking up from the ending of the first film, Ash is carried off by the demonic force and briefly possessed, released from the spirit by the light of dawn and falling unconscious.

Where is Ash hidden in Evil Dead Rise? ›

Though Álvarez's Evil Dead did include a brief Ash post-credits cameo, Evil Dead Rise won't feature any presence from Ash, Cronin confirms. But that isn't to say Campbell isn't in the film, if you look hard enough.

Was Evil Dead a flop? ›

That movie was “Evil Dead.” It ended up grossing millions, jumpstarting both his career and the careers of Bruce Campbell and his brothers. The sequel, “Evil Dead II,” would become a cult hit and a tremendous box office success.

What is the highest grossing Evil Dead movie? ›

Box Office History for Evil Dead Movies
Release DateTitleWorldwide Box Office
Apr 21, 2023Evil Dead Rise$146,140,989
Apr 5, 2013Evil Dead$99,010,045
Feb 19, 1993Army of Darkness$21,502,976
Mar 13, 1987Evil Dead II$5,927,557
4 more rows

How much money has Evil Dead Rise made so far? ›

Evil Dead Rise, the fifth film in the franchise, is now streaming on Max and arrives on 4K UHD, Blu-ray, and DVD on Tuesday, June 27, 2023. The critically acclaimed New York-set supernatural horror has grossed $146.3 million against a budget of between $15 million and $19 million.

Was Evil Dead a hit? ›

It was an immediate success, and Evil Dead II was bound to become an even bigger one. The Evil Dead is Raimi's debut feature and was made on a $350,000 budget.

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